Sonntag, 4. August 2013

Religion 
Egal, welcher Religion die Leute angehören - und dabei ist wichtig zu sagen, dass sie alle einer Religion angehören - die Leute hier sind sehr fromm. "Gott ist groß" schallt es in arabischer Sprache schon früh morgens durch die Wege des Dorfes, was uns meistens aus unseren tiefen Träumen reisst.
Das Zentrum von Nalerigu: rechts die Moschee mit Minarett, hinten die Bushaltestelle
Muslime leben hier ebenso wie Christen der verschiedensten Konfessionen friedlich miteinander. Alle begegnen sich gegenseitig mit Respekt. Wichtig ist nicht, was man glaubt, sondern dass man glaubt, meint auch Pastor Joseph. Wir schämen uns ein bisschen, weil wir versehentlich am Freitag mit unseren alten Fahrrädern an den betenden Muslimen direkt am Marktplatz vorbeigefahren sind und dabei ein klein wenig gestört haben. Dort befindet sich die größte Moschee des Dorfes, ihre beiden etwa 10 Meter hohen Minarette zählen neben den drei großen Antennen (die sehr guten Handyempfang, kaum aber schnelles Internet verfügbar machen) und dem Kirchturm an einer der christlichen Kirchen zu den wenigen Bauwerken, die über die sonst einstöckigen Häuser oder Lehmhütten des Dorfes hinausragen.
Alle Gebäude, wie auch auch Flughäfen oder Krankenhäuser, sind hier einstöckig, und ohne dass man groß Treppen überwinden muss zugänglich.
Das Freitagsgebet besuchen so viele Muslime, dass einige von ihnen unter den Dächern der umliegenden Häuser Schatten suchen. Sie warten, nach Osten gerichtet, auf die Durchsagen aus den Lautsprechern oben am Minarett.
Auch die christliche Hochzeit letzten Samstag besuchten so viele Menschen, dass die Plastikstühle in der "Aseblies of God Church", die in dieser Form in Deutschland nur als Gartenstühle Verwendung fänden, nicht für alle reichten. Sie mussten durch Plastikstühle aus einer anderen Gemeinde erweitert werden. 
Einige von ihnen werden sogar vor der Kirche unter einen Baum oder einfach in die Sonne gestellt. Weil man von diesen Sitzen aus sonst nichts vom Gottesdienst sehen würde, wird der Gottesdienst innen von einem Kameramann aufgezeichnet und auf einen größeren Röhrenfernseher draußen übertragen. Lautsprecher gibt es draußen nicht,  denn die Leute draußen hören das, was sich drinnen abspielt, problemlos durch die Lehmwände des Gotteshauses.
Nach ungefähr eineinhalb Stunden von extrem lauten Gesängen, Gebeten, und einer kraftvollen Predigt von Pastor Joseph hielten wir es in der Hitze drinnen nicht mehr aus. Weil wir eh in der letzten Reihe sitzen, ich habe auch von dort aus den besten Überblick, können wir den Gottesdienst unauffällig verlassen und uns in einem benachbarten Laden Trinkwasser kaufen. Der Gottesdienst ist zu diesem Zeitpunkt noch lange nicht vorbei, von draußen verfolgen wir ihn weiter. Weil der Strom mal wieder ausgefallen, die heiratende Familie aber reich ist, brummt hinter der Kirche ein Generator, der dafür sorgt, dass die vielen mit Girlanden verzierten Ventilatoren des Gotteshauses, die Band, der Fernseher und natürlich das Hauptmikrofon und die riesige Lautsprecher-Anlage, die ab und an schrille Pfeiftöne abgibt, bestens mit Strom versorgt sind. Erst nach zweieinhalb Stunden ist die Zeremonie beendet. Das ist keine Seltenheit, auch der normale Sonntagsgottesdienst dauerte sowohl heute, als auch vor einer Woche von 10 Uhr bis 12:30 Uhr.
Während in der "Asseblies of God Church" mehr gesungen und getanzt wird, steht in der "Prospetarian Church" die Predigt im Mittelpunkt. Als sie nach einer Dreiviertelstunde beendet scheint, beginnt die Predigerin auf Mampruli von vorn. Nach insgesamt mehr als einer Stunde ist die Predigt dann wirklich beendet. Wenigstens ist es in der Kirche nicht so voll und auch die Lautstärke ist erträglich, sodass wir den gesamten Gottesdienst in der einfachen Holzbank, aus der einige Nägel gefährlich herausragen, ohne Lehne ausharren.
Die Gottesdienste sind hier unvergleichlich zu denen in Deutschland. Einige Normen sind sogar ins Gegenteil verkehrt: die Predigerin nimmt auch während der Predigt ihren edlen Hut nicht ab, Gebete geben uns die Möglichkeit, sich in der Sitzbank niederzulassen, denn während der Lieder erhebt sich die Gemeinde zum Tanz. In den nächsten Wochen werden wir vermutlich weitere Gottesdienste und Gebete auch von anderen Gemeinden besuchen, ich bin schon sehr gespannt, was uns dort so erwartet.