Der Najiri
für die hiesige traditionelle Kultur spielt der Najiri,
was übersetzt soviel wie Häuptling oder König heißt, eine ganz wichtige Rolle.
Der Häuptling von Nalerigu ist nicht nur Herrscher in einem Ort, er ist
gleichzeitig der König unseres Mamprusi Königreichs. Alle anderen Häuptlinge
sind ihm untergeordnet. Nalerigu ist damit gewissermaßen auch die Hauptstadt.
Eigentlich sollte jeder Besucher von Nalerigu gleich nach
seiner Ankunft erstmal dem König huldigen. Nach vier Monaten hier hat mich
letzten Samstag der Anruf einer amerikanischen Missionarin erreicht. Ich wurde
eingeladen, zusammen mit einer Gruppe von amerikanischen Ärzten und
Krankenschwestern zum Palast zu gehen und endlich den König zu treffen. Zuvor
noch eine kurze Einführung in die Kultur. Um ihm seine tiefe Ergebenheit zu
zeigen, muss man ganz in die Hocke gehen und als Mann mit angewinkelten Fingern
in die Hände klatschen. Die Amerikaner tragen alle Smogs, das sind ärmellose
dicke Pullover, mit extra weitem Bund damit sie schön flattern wenn man einen
traditionellen Tanz darin ausübt. Einer der Amerikaner, der die traditionelle
Kultur hier wohl besonders schätzt, ist selbst so etwas wie ein Häuptling. Er
zieht zusätzlich einen Hut auf, der von der Form her ein bisschen an den Hut
eines Kochs erinnert, aber aus dickem buntem Stoff hergestellt wurde.
Auf der Ladefläche eines Pickups fahren wir über die
holprige Straße zum Palast. Dort angekommen warten wir zunächst bis wir
hereingelassen werden. Vom schattigen Vorplatz des Palastes aus sieht man die
vielen Frauen und Kinder des Königs ein und ausgehen. Wie früher schon
beschrieben sollen es mehr als zwanzig Frauen und mehr als 100 Kinder sein. Dementsprechend
groß ist auch der Palast. Als der König endlich Zeit für uns hat, werden wir in
einen gefliesten Raum geführt. Als wir den Chief auf seinem erhöhten Thron
sitzend erblickten, haben wir gleich fleißig angefangen, ihm zu huldigen, alle
in die Knie und einmal kräftig in die Hände geklatscht. Der Chief ist ein
älterer bärtiger Herr mit leiser sehr freundlich wirkender Stimme. Er ist - wie
es sich traditionell hier gehört - natürlich barfuß, seine Füße allerdings
ruhen auf Fellen von wilden Tieren. Neben dem Thron wartet ein riesiger Samsung
Flachbildfernseher auf seine Benutzung. Hinter dem Thron an der Wand hängt -
das wird mir auch von einer Amerikanerin gleich ins Ohr geflüstert – hängt
tatsächlich eine Schwarzwälder Kuckucksuhr.
Der Chief hat einen Übersetzer, von Englisch in Mampuli.
Weil unser amerikanischer Häuptling im Palast des Mamprusi Königreichs lieber
versucht Mampuli zu sprechen, übersetzt der Übersetzer für seinen König heute
ausnahmsweise von Mampuli in verständliches Mampuli und für uns das ganze
nochmal in Englisch. Jeder von uns wird einzeln vorgestellt, ich natürlich mit
meinem hier bekannten, weil aussprechbaren Namen „Greg“. Zum Höhepunkt des
Besuchs werden dem König Geschenke überreicht. Unser amerikanischer Häuptling
gibt ihm umgerechnet ca. 25 EUR, was hier ziemlich viel Geld ist. Weil die
amerikanischen Ärzte aber auch an die Kinder denken, werden dem König auch
Schokoladen und Haribo Artikel geschenkt. Aus Angst vor Giftanschlägen nimmt
der Chief seine Geschenke nicht persönlich entgegen, sondern lässt das einen
der ungefähr fünf bereit sitzenden Diener machen. Als alle vorgestellt und die Geschenke
übergeben waren wurde - natürlich mit Erlaubnis des Königs - angefangen Fotos
zu schießen. Es dauert eine halbe Ewigkeit bis wir uns dann endlich
verabschieden und den Palast des Königs verlassen können.
Anmerkung: Alle Wörter auf Mampuli habe ich so
geschrieben, wie ich glaube, dass man sie als Deutscher am ehesten richtig
liest. Die Sprache besitzt ein eigenes Alphabet, mit unseren Buchstaben kann
man Wörter wie Najiri, Sominga, oder auch Mampuli selbst gar nicht richtig
schreiben.