Anne
Zufällig
studierte Anne, die Mitglied meiner
deutschen Entsendeorganisation evivo ist, für einige Monate in
Tamale. Wenn wir aus medizinischen Gründen, oder wegen Visumsfragen, oder zum
Geld abheben nach Tamale fahren mussten, ergab sich immer eine nette
Gelegenheit, die Studentin der "University of development
studies" UDS zu besuchen. In ihrem Studentenwohnheim, einem großen mehrstöckigen
Gebäude mit defekter Brandmelde-anlage, konnten wir bei unseren
Besuchen jeweils übernachten.
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kurze Rast in der grünen Regenzeitlandschaft, im Hintergrund Nalerigu |
Dabei lernten wir
nicht nur ihre netten deutschen Mitstudenten kennen, die im obersten Geschoss
des Gebäudes eine WG gebildet hatten, wir bekamen auch die Möglichkeit, mal
wieder ein Treppenhaus oder ein Restaurant von innen zu sehen. Insbesondere der
letzte Besuch verlief zu unserem Glück sehr erfolgreich, sodass wir unter
anderem mit dem Päckchen aus Deutschland, auf das ich wochenlang gewartet
hatte, nach Nalerigu zurückkehren konnten. In die Stadt, deren Besuch - mangels
Beinfreiheit im Bus, langen Wartezeiten an der Bushaltestelle und den
schlechten Straßen in Ghana - jedesmal eine Tortur ist, muss ich jetzt
zumindest für eine gewisse Zeit nicht mehr zurückkehren. An sich habe ich
nichts gegen diese sehr lebendige Stadt (nur am Tag der Gerichtsentscheidung
über die angefochtenen Wahlen war es dort ungewöhnlich ruhig): mehrstöckige
Häuser, Verkehrsampeln, ordentliche Straßen, viele Kreuzungen, angeblich sogar
ein Freibad und ein Friseur werden uns auch in Zukunft immer wieder dort hin
locken.
Mein
letzter Friseurbesuch allerdings war nicht wirklich zufriedenstellend. Der
Friseur hatte zwar einen guten Ruf, dafür aber keine Schere, sodass er meine
Haare sehr kurz rasierte. Den Ghanaern gefällt das, mir allerdings nicht
wirklich. Thomas hat sich einen Tag später dazu entschlossen, sich die
Haare von mir schneiden zu lassen, was - wie ich finde - auch kein besseres Ergebnis
mit sich gebracht hat.
Zum Abschluss ihres
Ghanaaufenthaltes hat Anne auch noch einen Tag in Nalerigu verbracht, um
so unser Projekt kennen zu lernen. Anne kommt wie eine echte Touristin mit
einer großer Kamera, wodurch ihr - das muss man anerkennen - einige nette
Schnappschüsse gelingen. Sie möchte an ihrem einen Tag hier auch
den Nachbarort Gambaga besichtigen, der neben dem Büro eines ihrer
Studienfreunde, auch ein
"witch-camp" beheimatet.
Frauen, die beschuldigt werden, Hexen
zu sein und von einem Gericht schuldig gesprochen werden, müssen sich entweder
in eine der Lehmhütten des Camps flüchten oder sie werden umgebracht. Zu den
überwiegend älteren Frauen muss sich bald wohl auch ein erst siebzehnjähriges
Mädchen flüchten, das zwei Tage vor dem Tod eines Jungen in einem Streit mit
ihm die Worte "du wirst schon sehen" fallen ließ. Der Häuptling von
Gambaga weiß durchaus Kapital aus Touristen wie uns zu schlagen und
verlangt - neben einer Huldigung seiner Person - auch umgerechnet 3,50 €.
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im Hexen-Camp |
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unterwegs mit dem Fahrrad, an dem Fluss da unten sollen angeblich Krokodile leben |
Die Wege nach
Gambaga und zurück stellen uns, obwohl sich Gambaga nur
ungefähr 8km von Nalerigu entfernt befindet, vor ein Problem. Bus oder Taxi
gibt es nicht. Anne möchte mit dem Fahrrad fahren, gibt in der Hitze aber
bereits nach der ersten Steigung auf. Wir steigen
auf ein Motorrad um, was
zwar gefährlich, weniger sportlich und schädlich für die Umwelt ist, dafür aber
einen schönen und bequemen Ausflug ermöglicht. Erst beim Rückweg verliert
Anne vollends die Angst vor dem Motorrad mit seinem Fahrer, der - weil es
das in Ghana nicht gibt - noch immer keinen Motorradführerschein besitzt. Sie
beginnt, ähnlich wie man es bei der Tour de France beobachten kann, hinten auf
dem Motorrad Fotos zu schießen. ausdrücklich gelobt werden, sie ist die einzige weit und breit, die asphaltiert und schlaglochfrei ist. Ansonsten wären die Turnübungen, die Anne hinter mir unternommen hat, wohl nicht ohne weiteres möglich gewesen.
Zurück in
Nalerigu zeige ich ihr noch das Waisenhaus und die Schule. Dann
wird der schöne Tag mit einem abendlichen Fahrradausflug abgeschlossen.
Ich bin schon gespannt, was ich mit den anderen Nalerigutouristen, die sich
bereits angekündigt haben, erleben darf.